Als Pati in das Familienhaus von Bögöz aufgenommen wurde, war sie in einem erbärmlichen Zustand. Sie hatte nur die Kleidung, die sie trug, war schmutzig, roch stark, und ihr Kopf war voller Läuse. Zu essen gab es kaum etwas; Eier oder Bratkartoffeln galten als Festessen. Pati und ihre drei Geschwister waren völlig auf sich allein gestellt. Ihre Mutter hatte sie verlassen, nachdem sie einen anderen Mann kennengelernt und mit ihm zwei weitere Kinder bekommen hatte. Die Kinder aus der ersten Beziehung ihres Vaters mussten allein zurechtkommen; ein Schicksal, das man unter Pflegekindern leider oft hört. Der Vater war nur gelegentlich an den Wochenenden zu Hause und hatte schwere Alkoholprobleme; er verstarb im vergangenen Sommer im Alter von nur 42 Jahren.

Das wenige Geld, das es gab, gaben die Kinder oft für Zigaretten und Energydrinks aus. Im bitterkalten Winter froren sie so sehr, dass sie schließlich den einzigen Schrank im Haus verbrennen mussten, um etwas Wärme zu bekommen. Die älteste Schwester, damals 14 Jahre alt, versuchte, die Geschwister mit dem Wenigen zu ernähren, das sie kochen konnte. Es gab keine Unterstützung, keine Schule, keine Hoffnung auf eine sichere Kindheit.

Heute lebt Pati in Bögöz in einem Familienhaus mit zwölf weiteren Kindern, die ohne Eltern aufwachsen müssen. Die meisten von ihnen gehören zur Roma-Minderheit, die in Rumänien stigmatisiert und diskriminiert wird und oft unter schwierigen Lebensbedingungen aufwächst; so wie Patis Familie. Die Kinder werden im Schichtdienst von Betreuerinnen versorgt, wobei Erika die Hauptverantwortliche ist. Die Betreuerinnen sind sehr engagiert und liebevoll, doch ihnen fehlen die Mittel. Es gibt keine psychologische Unterstützung, kaum staatliche Hilfe, und die wirtschaftliche Lage Rumäniens hat sich im letzten Jahr weiter verschlechtert. Notwendige Reparaturen oder Anschaffungen, etwa neue Haushaltsgeräte, werden manchmal von den Betreuerinnen aus ihrem eigenen Mindestlohn bezahlt. Ein ehemaliger Bewohner des Hauses, heute erwachsen, hat kürzlich auf eigene Initiative das Haus neu gestrichen, nachdem es sehr verschmutzt war; Geld dafür gab es keines.

In diesem herausfordernden Umfeld bietet unser Basketballprogramm eine wichtige Möglichkeit, den Alltag zu durchbrechen. Derzeit nehmen neun Kinder aus dem Familienhaus regelmäßig am Training teil. Erika beschreibt die Wirkung des Programms so:

„Sie mögen Basketball, sie mögen die Gemeinschaft. Sie kommen glücklich nach Hause. Jedes Mal, wenn sie irgendwohin mitgenommen werden, machen sie gute
Erfahrungen. Wenn das Training im Winter in den Schulen der Stadt stattfindet, sehen sie andere Schulen; das kann sie motivieren, später selbst eine bessere Schule zu besuchen.“

Durch das Training lernen die Kinder, Verantwortung zu übernehmen, miteinander zu arbeiten, Grenzen zu respektieren und Erfolge zu erleben, die ihnen zuvor verwehrt waren; Erfahrungen, die ihr Selbstvertrauen und ihren Blick auf die Zukunft nachhaltig stärken.

Wenn wir vom „Weißen Haus“ sprechen, meinen wir nicht das berühmte Gebäude in Washington; sondern das mitten in Transsilvanien im Herzen von Bögöz. Das ganze Dorf nennt es so; schlicht, weil es weiß angestrichen ist. Doch hinter diesem Haus verbirgt sich eine Geschichte, die viel tiefer geht.

In den 1990er-Jahren bauten engagierte Menschen aus Deutschland, Mitglieder des Vereins „Ein Haus für morgen“ aus Hemmingen, dieses und mehrere ähnliche Häuser in der Umgebung. Ihre Idee war so einfach wie menschlich: Kinder aus dem großen staatlichen Waisenhaus, in dem Vernachlässigung und Trostlosigkeit herrschten und vieles noch an die Zeiten Ceaușescus erinnerte, sollten in Familienhäusern leben dürfen anstatt sie in anonymen Heimen zu verwahren. Rund zehn Kinder zogen daraufhin in Bögöz ein.

Bis vor wenigen Jahren wurde das Haus in Bögöz von einem Ehepaar geleitet. Heute hat sich das Kinderschutzsystem verändert: Die Kinder werden in Schichten von wechselnden Betreuerinnen begleitet. Im Moment leben 13 Kinder im Weißen Haus. Sie alle wachsen ohne ihre Eltern auf. Manche sind Halb- oder Vollwaisen, die meisten stammen aus Familien, die schlichtweg überfordert oder so arm sind, dass sie sich nicht kümmern können. 

Die Kinder leiden darunter. Sie fühlen sich verlassen, allein in der Welt. Die Betreuerinnen sind liebevoll und geben ihr Bestes; oft ohne professionelle Ausbildung, oft ohne Unterstützung vom Staat. Vieles geschieht aus dem Bauch heraus, mit Herz, aber ohne Ressourcen. Es fehlt an allem: psychologischer Hilfe, finanzieller Unterstützung, fachlicher Begleitung, professionelles Knowhow. Der Staat schaut weg; ob aus Unfähigkeit oder Unwillen, wissen wir nicht.

Das Haus selbst ist inzwischen 30 Jahre alt und dringend renovierungsbedürftig. Der Verein existiert nicht mehr. Aber einer der damaligen Mitstreiter, Johannes, hat Robi, ein ehemaliges Heimkind und Bewohner der ersten Stunde, beauftragt, das Haus zumindest von außen neu zu streichen. Robi arbeitete mehrere Tage und heute ist es wieder das Weiße Haus, das seinen Namen verdient.

Auch die Betreuerinnen, die mit Mindestlohn bezahlt werden, greifen in ihre eigenen Taschen, um Boiler zu ersetzen oder Küchenmöbel zu kaufen. Sie müssten das nicht tun, aber sie tun es. Für die Kinder.

Unsere Sozialarbeiterin und Projektmanagerin vor Ort, Eva Andras, hat sich letztes Jahr bei der MOL Stiftung beworben. Eva ist ausgebildete Reittherapeutin und wollte besonders den Kindern aus dem Weißen Haus helfen; Kindern, die keine Stimme haben. MOL stellte ein Budget zur Verfügung, und Eva konnte im Frühling und Sommer mit den Kindern arbeiten.

„Es war nicht leicht, ihr Vertrauen zu gewinnen. Kinder, die sich verloren fühlen, die nie wirklich gesehen wurden, reagieren mit Skepsis.“

Aber Eva blieb dran. Und als der Projektzeitraum vorbei war, war klar: Es muss weitergehen. Nur so können nachhaltige Veränderungen entstehen.

Ob es weitergeht, ist noch unklar. Im Moment fehlt das Budget. Aber wir geben nicht auf. Diese Kinder brauchen uns. Und das Weiße Haus von Bögöz soll auch in Zukunft ein Ort der Hoffnung bleiben.

Das Weiße Haus in Bögöz ist ein Ort voller Herausforderungen. Die Kinder tragen schwere Geschichten mit sich, die Betreuerinnen arbeiten am Limit, das Haus ist in die Jahre gekommen, vieles ist im Argen.

Und dennoch: Wir bleiben dran. Als Basketball Leben sind wir vor Ort aktiv, Woche für Woche. Neun der dreizehn Kinder aus dem Weißen Haus sind Teil unseres Afterschool-Programms und sie lieben es. Sie spielen Basketball, sie lernen zuzuhören, sich zu konzentrieren, sich auszudrücken.

Vielleicht ist das Weiße Haus gerade nicht der Ort, an dem alles gut ist. Aber es ist ein Ort, an dem Menschen nicht aufgeben. Und das allein ist ein Anfang. Ein Anfang, auf dem wir weiter aufbauen; für die Kinder und für ein Morgen, das besser sein darf.


Die Roma sind in Rumänien eine ethnische Minderheit, die häufig diskriminiert und an den äußersten Rand der Gesellschaft gedrängt wird. Laut offiziellen Zahlen gaben sich bei der Volkszählung von 2021 ca. 569 477 Personen als Roma zu erkennen, also etwa 3,4 % der Bevölkerung. Andere Schätzungen sprechen jedoch von deutlich höheren Zahlen; bis zu etwa 1,85 Mio. Menschen oder ca. 8 % der Bevölkerung. (Quelle)

Viele von ihnen gehören zu den ärmsten und am stärksten diskriminierten Gruppen des Landes. Sie leben oft am äußersten Rand der Gesellschaft; sozial, wirtschaftlich und geografisch. Ihre Siedlungen befinden sich häufig in abgelegenen Gebieten, oft in der Nähe von Flüssen, wo es weder elektrischen Strom noch fließendes Wasser gibt. Die Armut ist extrem. Die Behausungen bestehen meist aus improvisierten Materialien: Müll, Holzresten, Plastiktüten; alles, was sich irgendwie zusammenfügen lässt. 

Ein erhebliches Hindernis ist der Zugang zu Bildung: Viele Roma können weder lesen noch schreiben, wodurch z. B. eine legale Arbeitsmigration ins Ausland erschwert wird; oder sie machen solche Schritte ohne Verständnis der Verträge und Bedingungen. Gyula fragt uns kürzlich:

„Könnt ihr mit meinem Arbeitgeber sprechen? Wir wurden nicht genug bezahlt.“

Gyula ist 19 Jahre alt. Über solche Ungerechtigkeiten hören wir immer wieder und überall zeigt sich, wie stark die Kinder durch die Lebensumstände belastet sind.

Laut einer gemeinsamen Studie von UNDP, Weltbank und EU-Kommission leben über 70 % der Roma in Rumänien in Armut und über die Hälfte ohne Zugang zu grundlegender Infrastruktur.

In unserem Projekt arbeiten wir in Bögöz mit Roma-Familien, die heute aktiv ins Dorfleben eingebunden sind. Die Kinder besuchen meist die Schule und haben prinzipiell Zugang zu weiterführender Bildung. Doch oft wird dieser Weg nicht eingeschlagen. Mädchen werden früh verheiratet, Jungen sollen arbeiten, um die Familie zu unterstützen.

Gerade für die Mädchen wollen wir neue Perspektiven schaffen. Wir möchten sie stärken, ihren eigenen Wert zu erkennen, Selbstvertrauen aufzubauen und Mut zu entwickeln, eigene Entscheidungen zu treffen; über ihre Bildung und ihren Lebensweg. Durch Workshops, Sportangebote und Gespräche zeigen wir ihnen Alternativen zu den vorgegebenen Rollenbildern auf. Sie sollen erfahren, dass es Wege gibt, die über das traditionelle Muster hinausführen und dass sie das Recht haben, diese Wege zu gehen.

Nach der Schule bieten wir durch unser Afterschool-Programm gezielte Unterstützung für die Kinder. In unserem Nachhilfeprogramm sitzen die Kinder nach der Schule in kleinen Gruppen, lernen, üben und bekommen Unterstützung; manchmal von ihren eigenen älteren Mitschülerinnen und Mitschülern, manchmal von Rentnerinnen und Rentnern aus dem Dorf, die ihre Erfahrung und Geduld einbringen. So entsteht eine besondere Form des Lernens: Die Kinder verbessern nicht nur ihre schulischen Fähigkeiten, sondern lernen auch, Verantwortung zu übernehmen und miteinander zu arbeiten. Dieses Kinder-für-Kinder- und generationenübergreifende Lernangebot soll das Gemeinschaftsgefühl und das Selbstvertrauen der Kinder stärken.

Für viele Kinder der ungarischen Minderheit ist Rumänisch eine Fremdsprache. Ohne die Landessprache zu beherrschen, sind der Zugang zu weiterführenden Schulen und beruflichen Chancen stark eingeschränkt. Unser gezielter Rumänischunterricht hilft, diese Sprachbarrieren zu überwinden, und eröffnet den Kindern die Möglichkeit, ihr Potenzial voll auszuschöpfen.

In Kisgalambfalva begleiten wir eine Romacommunity, deren Kinder seit Einführung der sozialhilferechtlichen Bedingungen vermehrt die Dorfschule besuchen. Es gibt zwei Klassen für rund 40 Kinder im Alter von 7 bis 16 Jahren. Leider werden viele von ihnen frühzeitig aus dem Unterricht genommen, um arbeiten zu gehen.

Ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist das wöchentliche Basketballtraining mit den Kindern. Es wird angeleitet von Bogi, unserer Sportlehrerin und ehemaligen rumänischen Profibasketballerin. Bogi erinnert sich:

Am Anfang war es eine Katastrophe. Die Kinder spuckten, schrien, zogen sich an den Haaren, schlugen sich – auch mich. Ich hatte Mühe, damit umzugehen. Aber schnell wurde klar: Die Kinder wollen Regeln. Sie sind dankbar, wenn man ihnen Orientierung gibt.“

Heute ist das anders. Die Kinder lernen zuzuhören, zu warten, Emotionen zu kontrollieren und miteinander statt gegeneinander zu spielen.

„Sieh doch, Sandy. Kannst du dich an unser erstes Training erinnern?“ Ich konnte“, erzählt uns Sandy. „Es war sehr laut, chaotisch, intensiv. Heute ist es anders. Begrüßung, Aufmerksamkeit, Respekt und ganz viel Spaß.“ 

Basketball ist dabei nur das Mittel. Es geht um Koordination und Reaktion, soziales Lernen und darum, den Kindern zu zeigen, dass sie gesehen werden. Dass sie zählen. Dass sie eine Zukunft haben. Das sie wichtig sind.


Ein ganzheitliches Programm für Bögöz

Seit 2021 setzt unser Programm „VALYOUNITY“ in Bögöz neben dem Sport verstärkt auf Bildung, Kunst und Kultur. In enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Schule und Kirche haben wir ein ganzheitliches Konzept entwickelt, das das Bewusstsein der Szekler- und Romajugend für die Vielfalt innerhalb ihrer Gemeinschaft fördert. Ziel ist es, Akzeptanz und Chancengleichheit zu stärken, um die soziale Eingliederung zuvor marginalisierter Mitglieder zu ermöglichen.

Spielerischer Rumänischunterricht

Ein zentrales Element unseres Projekts ist der spielerische Rumänischunterricht. Für die ungarische Minderheit im Szeklerland ist Rumänisch eine Fremdsprache, obwohl es die Amtssprache des Landes ist. Viele Szekler sprechen wenig bis gar kein Rumänisch, da der reguläre Schulunterricht bereits Sprachkenntnisse voraussetzt, die oft nicht vorhanden sind. Hier setzt unser Programm an: Wöchentlich bieten wir spielerischen Rumänischunterricht für die Kinder der Klassen 0 bis 8 an. Durch Spiele, Lieder und interaktive Aktivitäten gestalten wir den Unterricht abwechslungsreich und effektiv. Das Lehrmaterial ist speziell auf die Bedürfnisse und das sprachliche Niveau der Kinder abgestimmt. Qualifizierte Lehrkräfte mit Erfahrung im Fremdsprachenunterricht sorgen dafür, dass die Kinder nicht nur gerne am Unterricht teilnehmen, sondern auch echte Fortschritte machen.

Die Bedeutung von Rumänischkenntnissen

Warum ist Rumänisch so wichtig? In Rumänien ist es entscheidend, die Amtssprache zu beherrschen, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, Behördenangelegenheiten zu regeln oder höhere Bildung und gute Arbeitsplätze zu erreichen. Trotz der ungarischen Prägung der Region sind viele Fächer und Studiengänge auf Rumänisch, und auch im Berufsleben ist die Sprache oft unerlässlich. Durch den Rumänischunterricht können die Kinder nicht nur ihre Bildungschancen verbessern, sondern auch ihre beruflichen Perspektiven erweitern.

Förderung von Toleranz und sozialer Verantwortung

Um Toleranz und Akzeptanz innerhalb der Gemeinde zu fördern, setzen wir auf regelmäßige Workshops zur sozialen Verantwortung. Gemeinsam mit einer Schulpsychologin haben wir ein Konzept entwickelt, das durch interaktive Übungen Empathie, Respekt und Verständnis vermittelt. In einer Region, in der Vorurteile und Mobbing leider weit verbreitet sind, schaffen wir so eine Basis für ein harmonisches Miteinander. Besonders wichtig ist dabei die Ausbildung von Peer-Mediatoren: Ausgewählte Schüler

werden darin geschult, Konflikte eigenständig zu lösen und ein positives Schulklima zu fördern. Auch die Eltern werden einbezogen, um durch Informationsveranstaltungen und Workshops das soziale Umfeld der Kinder zu stärken.

Erfolgreiches Schüler-für-Schüler-Nachhilfeprogramm

Einen besonderen Erfolg verzeichnet unser Schüler-für-Schüler-Nachhilfeprogramm. Hierbei unterstützen lernstarke Schüler ihre schwächeren Mitschüler gezielt in eins-zu-eins-Betreuung. Diese Art der Nachhilfe ist für beide Seiten gewinnbringend: Während die lernschwachen Kinder von der individuellen Betreuung profitieren, stärkt die Verantwortung der Nachhilfelehrer deren soziale Kompetenz und Selbstbewusstsein. Der Austausch auf Augenhöhe und in verständlicher Sprache fördert das Lernen auf eine besonders effektive Weise.

Integration durch Sport, Bildung und Kultur

In den ländlichen Regionen des Szeklerlands gibt es kaum spezielle Programme zur Inklusion von Roma und benachteiligten Kindern. Oft wird angenommen, dass Integration schwierig sei. Doch unser Sport-, Kultur- und Bildungsprogramm zeigt, dass ein Miteinander durchaus möglich ist. Die positiven Erfahrungen aus Bögöz bestärken uns darin, das Programm kontinuierlich weiterzuentwickeln und auch auf andere Gemeinden auszudehnen.

In Kisgalambfalva, einem kleinen Ort unweit von Bögöz, leben die Roma-Kinder unter Bedingungen, die für viele unvorstellbar sind: oft ohne Strom und fließendes Wasser, abgeschnitten von der übrigen Dorfgemeinschaft, hinter Hügeln und Bahngleisen. Ihre Häuser sind meist bescheidene Behausungen, ohne Heizung und mit undichten Dächern. Trotz dieser schwierigen Umstände besuchen einige dieser Kinder seit wenigen Jahren die Schule in Kisgalambfalva, was dazu geführt hat, dass die Dorfschule unbeabsichtigt zu einer reinen Roma-Schule geworden ist. Die wenigen nicht-roma Kinder wurden von ihren Eltern auf Schulen außerhalb von Kisgalambfalva geschickt.

Seit kurzem hat sich eine neue Möglichkeit für die Roma-Kinder aufgetan: regelmäßiges Basketballtraining. Bogi, die seit zwei Jahren Trainerin in unserem rumänischen Verein Club Sportiv Bögöz ist, hat sich im Oktober bereit erklärt, einmal pro Woche nach Kisgalambfalva zu fahren, um dort mit den Kindern Basketball zu spielen. Unterstützt wird sie hierbei von Réka, Sportlehrerin an der Schule von Kisgalambfalva. Die Sporthalle ist zwar klein und war zuvor nicht für Basketball ausgelegt, doch im Rahmen unseres Sommercamps 2024, bei dem Münchner Kinder des Basketballclubs Hellenen e.V. nach Bögöz kamen, um unter anderem mit den Roma-Kindern Zeit zu verbringen, wurde die Halle umgestaltet. Gemeinsam wurden Basketballkörbe montiert und Basketballlinien aufgeklebt. Nun gibt es eine kleine, aber feine Basketballhalle in Kisgalambfalva, die bereit ist für richtiges Training. Zudem planen wir, in naher Zukunft einen Schuhschrank einzurichten, damit die Kinder ihre gespendeten Basketballschuhe aufbewahren und bei jedem Training nutzen können.

Die Begegnungen und Interaktionen während des Camps waren intensiv und prägend. Die Münchner Kinder, die ohne Vorurteile und mit einem echten Interesse auf die Roma-Kinder zugegangen sind, haben eine bemerkenswerte Veränderung bewirkt. Ihre Offenheit und Freundschaft haben dazu beigetragen, Vorurteile abzubauen und Akzeptanz sowie Miteinander zu fördern. Die Münchner Kinder brachten eine Ungezwungenheit und eine unvoreingenommene Haltung mit, die auch von den einheimischen Kinder bemerkt wurde und auf sie übergriff. Es war beeindruckend zu sehen, wie schnell die Münchner Kinder Freundschaften schlossen und sich wirklich für das Leben und die Geschichten der Roma-Kinder interessierten.

Diese Campwoche war besonders: Sie bot nicht nur die Gelegenheit zum sportlichen Austausch, sondern auch die Chance zur Reflexion über soziale Vorurteile und die Bedeutung von Akzeptanz. Die Münchner Kinder haben durch ihre unvoreingenommene Art eine neue Perspektive auf die Roma-Kinder eröffnet und dazu beigetragen, dass auch die einheimischen Kinder eine andere Sichtweise entwickelten. Die Erlebnisse und die neu geschlossenen Freundschaften während dieser Woche haben bewiesen, wie wichtig es ist, Barrieren abzubauen und gemeinsam an einem besseren Verständnis und Zusammenhalt zu arbeiten.

Regelmäßig sammeln Kinder und Familien des BC Hellenen München, dem Partnerverein des Club Sportiv Bögöz, Basketballschuhe für die Kinder in Rumänien. Noch gut erhaltene, aber zu klein gewordene Schuhe werden dort abgegeben und machen sich auf den Weg nach Bögöz – entweder als Gepäck der Projektleiter oder per Post. In Bögöz angekommen, werden die Schuhe an die Basketballkinder verteilt, die oft weder Zugang noch das nötige Geld haben, um sich solche speziellen Schuhe zu leisten.

Warum sind Basketballschuhe so wichtig? Sie bieten Stabilität, Dämpfung und Traktion, was besonders bei den schnellen Bewegungen und Sprüngen im Basketballspiel entscheidend ist, um Verletzungen vorzubeugen.

Für die Kids vor Ort sind die Spenden ein wahres Highlight: Sie schätzen nicht nur den Komfort und die Funktionalität der Schuhe, sondern vor allem den coolen Look. Für Kinder wie Gergö, Iza und Maria ist der Moment, in dem sie neue Schuhe bekommen, etwas ganz Besonderes. Sie wollen die Schuhe am liebsten jeden Tag tragen – sei es beim Spielen, in der Schule oder einfach, um sie stolz vorzuzeigen. Doch die Trainer haben immer wieder die Aufgabe, zu erklären, warum die Schuhe für das Training reserviert bleiben sollten. Gerade, weil in Bögöz auf Asphalt trainiert wird, sind die Sohlen schnell abgenutzt, und neue Spenden werden dringend benötigt.

Hast du gut erhaltene Basketballschuhe, die nicht mehr passen? Dann melde dich gerne bei uns unter sandy@basketball-leben.com. Wir suchen vor allem Schuhe in den Größen 31 bis 40. Jede Spende bringt Freude und hilft, das Basketballprojekt in Bögöz weiter voranzutreiben!

Orsi ist heute 15 und lebt seit ihrer Geburt in Bögöz, einem Dorf im rumänischen Transsilvanien. Orsis Mutter gehört der Roma-Minderheit an, ihr Vater ist Szekler, eine ungarische Minderheit mitten in Rumänien.
Orsi hat insgesamt 7 Geschwister, 3 jüngere und 4 ältere. Bis 2021 lebte sie zusammen mit ihren Eltern und 4 Geschwistern in einem kleinen Haus mitten in Bögöz. Viele Jahre war nur ein Zimmer in diesem Haus bewohnbar, indem sich alle 7 Personen tags und nachts aufhielten. Ihre gesamte Kindheit war geprägt von Armut verbunden mit Kälte im Winter, Hunger und Perspektivlosigkeit. Ihr Vater arbeitete als Hirte in einem nahegelegenden Dorf und war nur im Herbst und Winter zuhause. Aufgrund seiner Alkoholsucht tyrannisierte er die Familie während seiner Anwesenheit in Form von verbalen Auseinandersetzungen und von häuslicher Gewalt. Das wenige verdiente Geld wurde regelmäßig in Alkohol und Zigaretten investiert, sodass die Mutter alleine als Tagelöhnerin die Familie ünber Wasser halten musste. Oft muss Orsi auf die kleinen Kinder aufpassen, während die Mutter anderswo für ein wenig Geld Brennholz schleppt oder Wände streicht. Oft reicht das Essen nicht mal für eine warme Mahlzeit am Tag. „Trotzdem sie wenig Schulbildung genossen hat, ein Leben voller Entbehrungen lebt und jeden Tag ums Überleben kämpft, hat diese Mutter bei jedem Treffen eine unglaubliche Liebe ihren Kinder gegenüber ausgestarhlt“, so Sandy aus Deutschland, die seit vielen Jahren regelmäßg ins Dorf kommt und immer wieder nach Orsi und ihrer Familie schaut.
2021 stirbt ihr Vater und hinterlässt der Familie hohe Schulden.

Als 2015 das Basketballprojekt in Bögöz startet, konnten wir zunächst ihren damals 11 jährigen Bruder überzeugen, an den Trainings teilzunehmen. Er war zu der Zeit der einzige Roma, der regelmäßig trainierte. Mit Hilfe der damaligen Trainer wurde er von einigen Spielern akzeptiert, hatte aber dennoch oft auch mit Vorurteilen und verbalen Angriffen zu kämpfen. Während einer unserer Sommercamps begleitete Orsi ihren Bruder als Zuschauerin und schaute während der Trainings vom Spielfeldrand aus zu. 2017 luden wir zum ersten Mal auch jüngere Kinder von Bögöz zu unserem Sommercamp ein. Orsi war dabei und viele andere Romas aus Bögöz ebenso. Orsi war glücklich, liebte jeden Moment, war aber schüchtern und zurückhaltend. Sie redete wenig.

Kurz darauf organisierten wir regelmäßige Trainings auch für die jüngeren Kinder in Bögöz. Ab dem
Moment wurde Orsi zur Basketballerin und vermisste nur wenige Einheiten. „Orsi liebt das Basketballtraining“, so Ida, ihre Mutter. „Ich bin froh, dass sie dorthin geht und ich lasse sie auch.“ Mittlerweile durfte sie schon an mehreren Freundschaftsspielen und kleineren Turnieren teilnehmen. Ihr Trainer resümiert dazu: „Ich erinnere mich, als Orsi mit uns zum ersten Mal nach Kézdivásárhely gefahren ist, wo sie in deren großen Sporthalle mit Tribüne und Parkettboden ihr erstes Spiel gegen eine andere Mannschaft bestreiten sollte. Es gibt einen Moment, kurz nachdem sie erstmalig ihr Trikot anzog und damit die Halle betritt. Etwas schüchtern steht sie auf dem Parket, aber voller Stolz schaut sie mit Blick auf ihr Trikot an sich hinunter. Ich werde diesen Moment nie vergessen. Katalina hat diesen Moment scheinbar ähnlich intensiv wahrgenommen und genau in dem Moment auf den Kameraauslöser gedrückt.“ Dank geschulter und unvoreingenommener Trainer gelang es sehr schnell und mit wenigen Hindernissen, sowohl Romas als auch Szeklerkinder in den Basketballteams zu integrieren. Der soziale Hintergrund spielt hier keine große Rolle. Die Kinder haben auch ohne eigener oder elterlicher vorheriger Erfahrung schnell verstanden, was Teamgeist bedeutet. Orsi hat hier ihren Platz gefunden, ist aufgeschlossen und hat großes Selbstbewusstsein entwickelt.

Seit nun beriets 4,5 Jahren spielt Orsi in Bögöz Basketball. Nachdem wir im Rahmen unseres Projektes VALYOUNITY beschlossen haben, unsere eigenen Trainer für die Zukunft auszubilden, viel unser Augenmerk recht schnell auch auf sie. Früh musste sie sich geduldig um ihre Geschwister kümmern. Auch verlässlich war Orsi schon immer und ihre Begeisterung für den Sport war auch allen bewusst. So fand auch sie die Idee schnell gut, auch wenn sie anfangs skeptisch war, ob sie das überhaupt kann.

Coach Levi, Trainer der kleineren Kinder ermutigte sie mit den Worten: „Mache dir keine Sorgen, Orsi. Wir gehen das langsam an und du hast meine volle Unterstützung.“ Die Nachrichten in den Messengergruppen der Eltern zeigen uns, dass Orsi auch von den Eltern respektiert wird. So informiert sie die Eltern zum Beispiel regelmäßig über die Abfahrtzeiten aus der Halle in der Stadt zurück nach Hause, sodass die Eltern rechtzeitig die Kinder vom Bus abholen können. Sie bedanken sich regelmäßig für das Commitment beim ihr. Einige Woche später schreibt Orsi an die Projektleiter in Deutschland: „Ich fühle mich sehr wohl mit den Kindern. Ich mag sie sehr. Sie sind gute Kinder, hören gut zu. Es gibt Tage, an denen sie weniger aufnahmefähig sind, aber dafrü finden wir meist eine Lösung. In letzter Zeit habe ich sehr gute Übungen gefunden, die den Kindern sehr gut gefallen.“

Orsi ist angekommen. Sie hat Freunde mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen, sie wird akzeptiert und respektiert und hat mittlerweile genug Selbstbewusstsein, um auch Kontra geben zu können, wenn sie doch mal verbal angegriffen wird. Wie alle unsere Trainer bekommt auch Orsi ein Entgelt für ihre Zeit mit den Basketballkindern. Es macht sie Stolz einen Job zu haben, der ihr Spaß macht und mit dem sie sogar ihre Familie etwas unterstützen kann.

Die junge Frau hat Glück gehabt. Am Freitag hatte sie an die Tür geklopft, mit nichts als zwei Plastiktüten in der Hand und dem kleinen Kind auf dem Arm, vertrieben vom Vater des Kindes. Sie brauchte einen Platz zum Schlafen, einen Rückzugsort für sich und den kleinen Sohn, ein Jahr alt, zahnloses Lachen, hellbrauner Flaum auf dem Kopf. Familie oder Verwandte, die die 19-Jährige mit den dunklen Haaren, den schmalen Schultern und der ausgeblichenen Kleidung hätten aufnehmen können, gab es nicht, schließlich war sie auch früher schon eine Vertriebene gewesen. Seit dem zwölften Lebensjahr, seit ihre Mutter sie in einem Heim sitzen gelassen und sich aus dem Staub gemacht hatte. Diesmal hat sie Glück gehabt. Das kleine Eltern-Kind-Zimmer im Kloster der Mallersdorfer Schwestern in Szekelyudvarhely war nicht belegt gewesen. Sie durfte bleiben, vorerst.

Alles andere als grau: Schwester Michaela in der Klosterküche.

Die hellen Augen von Schwester Michaela verdunkeln sich, als sie die Geschichte der jungen Frau erzählt, die jetzt in dem luftigen Innenhof des Ordenshauses ihrem Kind mit energischen Zügen die Schokolade vom Mund wischt. Neben ihr hampeln zwei blonde Mädchen auf einer Wippe, Geschwister, ein paar Meter weiter bauen drei Jungs in Bayern-München-Trikots der letzten Saison ein großes, neues Trampolin auf. Sie alle sind Waisen. Ihre Eltern haben sie verlassen, meist bei der Geburt, manchmal auch erst Jahre später. Wie die junge Mutter haben sie bei Schwester Michaela und den anderen Nonnen nicht nur Zuflucht gefunden, ein Bett, eine Dusche und regelmäßiges Essen, sondern auch Zuspruch, Respekt und menschliche Wärme.

„Wir können nicht immer helfen“, erklärt Schwester Michaela schulterzuckend und deutet auf die junge Mutter. Die Nonne, eine kleine rundliche Frau in grauer Schwesterntracht, die dunkelgrauen Haare unter der dunklen Haube gebändigt, die Furchen in dem weichen Gesicht noch nicht allzu tief, kennt viele, fast unzählige dieser Lebenswege.

Mütter, die beinahe selbst noch Kinder sind, die von Eltern oder Männern geschlagen, vertrieben und verlassen werden – und die später nicht selten dieselben Entscheidungen treffen und ihre eigenen Kinder im Stich lassen.

Dennoch sei es heute einfacher, Zufluchtsorte für die Verlassenen und Vertriebenen zu finden. „Es gibt mehr Initiativen, die sich um die Frauen und Kinder kümmern. Wir sind mittlerweile gut vernetzt. Können wir jemanden nicht unterbringen, können wir ihn vielleicht weitervermitteln.“ Nicht zu vergleichen mit der Lage 1991, als der eiserne Vorhang fiel und Michaela nach Rumänien kam.

Damals hätten jeden Tag Dutzende Kinder vor den Türen der Kirche gestanden und gebettelt, erzählt die Ordensschwester mit ruhiger Stimme. Roma. Es rollt leise, wenn Michaela Roma sagt. Noch immer macht sich der oberbayrische Dialekt ihrer Heimat Deggendorf bemerkbar, obwohl Michaela seit 24 Jahren im Szeklerland lebt, dem Landstrich Rumäniens, der von der ungarischen Minderheit des Landes bewohnt wird. Mit 42 hat sie das bayerische Deggendorf verlassen, um das Ordenshaus der Mallersdorfer Schwestern aufzubauen, einer Ordensgemeinschaft der Franziskanerinnen, nachdem das Ende des Kommunismus die Wiederbelebung der katholischen Kirche bedeutete, deren Aktivitäten zuvor durch den Staat stark eingeschränkt worden waren. 1864 ließen sich die Mallersdorfer Schwestern erstmals im rumänischen Hermannstadt nieder, mittlerweile ist der Orden an fünf Orten aktiv, betreibt Kindergärten, Altersheime, Schulen. In Szekelyudvarhely haben die Schwestern damals einen Kindergarten für Angehörige der Roma gegründet, um die Kinder von der Straße zu holen.

„Anfangs hat sich kaum etwas verändert“, erinnert sich die heute 66-Jährige, „alles war wie gelähmt“. Die Menschen hätten einander kaum mehr vertraut, Gleichheitszwang und Ceaușescu-Diktatur hatten ihre Spuren nicht nur auf den Straßen, sondern auch in den Köpfen des Landes hinterlassen. Erst in den letzten Jahren zeigten sich die Fortschritte. Neue Häuser würden entstehen, alte renoviert und restauriert, es gäbe mehr Geschäfte, sogar Touristen. „Es gibt Verbesserungen“, merkt Schwester Michaela an, „aber vieles ändert sich nur sehr langsam“. Noch immer gibt es Roma-Kinder, die betteln. Noch immer gibt es Kinder, die im Kindergarten erst einmal gefüttert, gewaschen und entlaust werden müssten. Einhundert sind es heute insgesamt, die in vier Gruppen betreut werden. Dazu kommen praktische Förderangebote und eine Schule für die, die dem Kindergartenalter entwachsen. Hier sollen die Kinder Selbstvertrauen entwickeln, Lernfreude und Neugierde, Werte, die ihnen zu Hause nicht vermittelt werden. „Viele Eltern sind Analphabeten, waren selbst noch nie in der Schule. Ihnen bedeutet der Schulbesuch der Kinder nichts.“

Sie hat Zuflucht bei den Mallersdorfer Schwestern gefunden: die 19-jährige Mutter, fast selbst noch ein Kind.

Immer wieder würden Kinder nicht erscheinen, weil die Eltern wenig Sinn in der Schulbildung sähen. „Wir sehen aber auch immer wieder Eltern, denen es sehr wichtig ist, dass ihre Kinder mehr lernen als sie selbst. Sie sollen lesen, schreiben und rechnen lernen – alles das, was sie nicht können.“

Waren es früher ausschließlich Roma-Kinder, die aufgepäppelt werden mussten, besuchen heute Kinder unterschiedlicher Gruppen die hellen, bunten Räume, in denen zwischen Mobilees und Plüschtieren gemalt, gebastelt oder gelernt wird. Die Mehrheit der Kinder kommt jedoch noch immer aus den sozial schwächsten Schichten. „Natürlich merken wir, dass viele Eltern ihre Kinder lieber in einen anderen Kindergarten schicken wollen“, gibt Schwester Michaela fast entschuldigend zu, „aber wir wollen niemanden zwingen, sein Kind hierher zu schicken“.

Im Flur stapeln sich die Babymilch-Pakete. Milupa, deutsche Aufschrift. Man spürt die Präsenz des deutschen Mutterhauses hier im tiefsten Rumänien. Viele Spenden, über die sich das Kloster finanziert, kommen aus Deutschland. An Weihnachten würden Schuhkartons voller Geschenke aus Bayern kommen. Auch die einheimischen Schwestern, meist Szekler, lernen Deutsch. Kooperation sei dennoch oberste Priorität, betont Schwester Michaela mehrmals, „Hilfsprojekte müssen immer vor Ort verwurzelt sein“. Sonst brächte auch das größte Engagement langfristig nichts.

Dass die Ordensschwester pragmatisch ist, zeigt auch ihre Begründung, nach Rumänien zu ziehen: „Es wurde eine Stelle frei, ich habe mich beworben und wurde genommen.“ Es fügte sich einfach, ähnlich wie ihre Entscheidung, dem Orden beizutreten, die sie schon im Kindesalter für sich getroffen hat, ganz unbewusst, wie sie heute sagt. Und dennoch hält sie nach der fast nüchternen Bilanz kurz inne.„Es ist ein großes Geschenk, dass ich hierher kommen konnte.“

Ein kleiner Junge wirft sich der Schwester an den Hals und zwängt seine schmalen Schultern unter ihren Arm. Lori ist dreizehn und lebt seit seinem ersten Lebensjahr bei den Schwestern. Sie mussten das einstige Frühchen mit der Flasche aufziehen. Seine Mutter lebte einige Zeit mit Lori im Kloster, aber sie hat neu geheiratet – und den Sohn bei den Nonnen gelassen. Der Junge mit den schräg stehenden dunklen Mandelaugen und dem schlackernden grauen Pokemon-Shirt ist ausgelassen, aufgedreht, anhänglich, flitzt umher und zeigt stolz den Inhalt seines Nachttisches. Fußballkarten, Spielzeugautos, ein Poster von Lionel Messi und ein paar Auto-Sticker, auf denen Turbo steht. Turbo, das ist auch Lori, während er um die Nonnen herumflitzt.

Lori hat bei den Mallersdorfer Schwestern ein Zuhause gefunden, ebenso zwei Schwestern, deren Mutter sie bei den Nonnen zurückgelassen hat. Die Mädchen seien so klug, schwärmt Schwester Michaela. Und sie haben ein Vorbild: Die älteste der dreien hat soeben die Schule beendet, und will an die Universität, studieren.